Schach für alle Generationen
Zwei Wochen vor Ende des Schuljahres 2010-11 war es für die Schachschüler im Soldiner Kiez soweit. Nach einem Schuljahr mit wöchentlich 90 Minuten Schachunterricht wollten sie am 16. Juni bei einem gemeinsamen Turnier der drei Grundschulen im Soldiner Kiez ihr neues Schachwissen anwenden. Für fast alle war es ihr erstes Turnier. Und dies bedeutete eine Herausforderung, die im Klassenzimmer nicht erlernbar ist.
Die Nachbarschaftsetage als Spielort kannten die meisten nicht. Plötzlich spielte man nicht gegen die Mitschüler aus der gleichen Klasse oder einer anderen Jahrgangsstufe. Nun bestaunten auch Eltern, Lehrer, Politiker und sonstige Erwachsene was auf dem Brett geleistet wurde. Und schließlich galt es, fast einen ganzen Schultag nur Schach zu spielen. Die Ausdauer musste für sieben Runden und fast vier volle Stunden reichen ... am 16. Juni fehlte der vertraute Schulweg, man musste sich vorher anmelden und jede Runde konnte erst beginnen, wenn alle fertig und alle Ergebnisse notiert waren. Doch irgendwie verging die Zeit dann wie im Flug, viele Figuren huschten über die Holzbretter und in den Pausen zwischen den Runden traf man nebenan im Cafe der Nachbarschaftsetage andere Schachkinder aus dem Kiez.
Nach einem Jahr wurden die Erwartungen natürlich noch nicht zu hoch gesteckt. Alle befinden sich in ihrer Lernentwicklung in der sogenannten Materialphase. Hier hat Figurenschlagen meist den Vorrang und versteckte taktische Feinheiten werden noch nicht erkannt, ein Patt wird schon mal übersehen oder ein König rochiert an einem Flügel, wo er wenig sicher steht, weil dort die Figuren des Gegners ihn bald bedrängen. Doch dieses Können bildet sich nach der niederländischen Stufenmethode, der inzwischen weltweit am meisten angewendeten Lern-Art für Kinder und Jugendliche, ohnehin erst in den Stufen zwei und drei heraus. Um ein solider Spieler zu werden braucht man vier bis fünf Jahre und durchläuft insgesamt sechs Stufen. Im Laufe der Zeit werden neben der Berücksichtigung der Materialsituation auf dem Brett auch Raum und Zeit wichtige Faktoren, d.h. wie gut koordiniert man seine Figuren und wie schnell kann man seine Schachaktionen erfolgreich umsetzen.
Bereits nach einem Schuljahr spüren Schüler und Erwachsene die pure Schachspannung.
Foto: Michael Kuchinke-Hofer
Mit den Schachschülern des Schach-Projektes befinden wir uns noch auf Stufe eins. Hier sieht der Schüler vor allem, was er mit seinen Figuren erreichen kann, wobei Drohungen des Gegners zwar meist richtig abgewehrt werden, aber i.d.R. nicht erkannt wird, wie diese Drohungen entstehen. Unsere Schachschüler werden in den kommenden Jahren noch viele neue Erkenntnisse kennenlernen und ihre Fähigkeit, diese richtig anzuwenden, wird wachsen. Ihr Denken wird nicht nur umfangreicher werden, sondern die Systematik des Denkens wird sich verbessern, das Abwägen von eigenen und gegnerischen Chancen wird sich differenzieren, Schachmuster, die anhand vieler Übungsdiagramme erlernt wurden, werden in kreativer Weise miteinander verbunden. Es ist wie mit dem Sprechen und dem Schreiben: nach den Buchstaben folgen die Wörter, dann die Sätze und schließlich die Geschichte.
Hier soll erzählt werden, warum wir ein Abschlussturnier organisierten und wie sich welche Schachschüler bei dieser auch von Eltern und Verantwortlichen aus Politik, Quartiersmanagement und Lokalpresse gutbesuchten Veranstaltung in Szene setzten.
Ein Schachturnier der drei Grundschulen im Soldiner Kiez zeichnet zwei Dimensionen aus. Nach innen ein gegenseitiges Kennenlernen im Umfeld eines allseits als lernfördernd akzeptierten Interessenfeldes und nach außen die Darstellung des Credos gemeinsam, unabhängig von Herkunft und Vorwissen ein anspruchsvolles Denkspiel zu können in einem Kiez, der im Berliner Sozialatlas hinten rangiert. Sozialdaten sind eine Sache, das tägliche Erleben im Kiez eine völlig andere Erfahrung. Nüchternes Vergleichen und Einordnen mit Zahlen trifft nicht den Lebensnerv der Bewohner, seien es Kinder oder Erwachsene, seien es Lernende oder Lehrende, seien es Deutsche oder Bewohner nicht-deutscher Herkunft.
Als Schachschule SCHACH KULTUR BERLIN sehen wir uns als Teil eines Standortes dessen Schul-, Weiterbildungs- und Freizeitangebote von außen unterschätzt oder zu wenig gekannt werden. Deshalb wollten wir das Schuljahr mit dem Schach-Projekt nicht „in der Stille der Klassenräume“ beschließen, sondern öffentlich zeigen, wie intensiv das königliche Spiel auch von Kindern im Alter von 6 bis 12 Jahre beherrscht werden kann und warum die Mittel aus dem Programm „Soziale Stadt“ nachhaltig für die Köpfe der jungen Generation eingesetzt wurden.
Wundert sich Jessica was außerhalb der Schule beim Schach los ist?
Foto: Michael Kuchinke-Hofer
„Wissen ist Macht“ lautet der Werbeslogan eines bekannten Schach-Software-Herstellers, und unsere Grundschüler haben eine Menge Schachwissen dazugelernt. Nun war die Zeit, es einzusetzen. „Diese Art des angespannten Denkens hatte ich nicht erwartet. Man konnte die Konzentration förmlich fühlen und auf den Gesichtern der Kinder sehen“, meinte Quartiersmanagerin Svenja Wagner überrascht. Dieser Zustand des Abtauchens in das eigene Spiel erstaunte auch viele Eltern und sonstige Verwandte. Manchmal half es den Schachschülern, wenn die Familienangehörigen dabeistanden, manchmal sorgte es für zusätzliche Nervosität. Erwartungen hatten alle, mal mehr ausgesprochen, mal verschwiegen verdrückt, und die Reihe der zehn Pokale, drei für jede der drei Gruppen und ein Mannschaftscup, förderten Ehrgeiz. Schon nach der ersten Runde wurden Punkte gerechnet, egal ob für das eigene Ergebnis oder als Beitrag für die Schulwertung.
Als Teilnehmer wurden die 24 Besten aus sechs Schachklassen ausgewählt. Während die Einteilung zu Beginn des Schuljahres in jeder Grundschule nach den Klassenstufen 1-3 und 4-6 erfolgte, untergliederte sich das Turnier nach den tatsächlichen Lernfortschritten. Es war in diesem Schach-Projekt nicht unüblich, dass eine Siebenjährige einen Zwölfjährigen besiegen konnte. Schach bietet allen die gleichen Chancen, das Spiel kennzeichnet sich dadurch aus, dass es jedem faire Chancen bietet, jeder ist seines Glückes Schmied. Um das Turnier zu einem friedlichen Wettstreit zwischen vergleichbaren Spielern zu gestalten, wurden drei Leistungslevel à acht Spieler zusammengestellt.
Eine Besonderheit des Schuljahres und des Turniers verdient Erwähnung. Lag der Mädchen-Anteil bei der Gesamtzahl der Schachschüler bei überdurchschnittlichen 47%, so betrug er beim Turnier 63%. Vor diesem Hintergrund war die „Damengruppe“ eine logische Einteilung. Drei der 24 vorgesehenen Starter konnten allerdings aufgrund von kurzfristigen Erkrankungen nicht erscheinen.
Schach-Mädchen im Banne des königlichen Spiels.
Foto: Michael Kuchinke-Hofer
Dennoch blickte Petra Schrader, die Bezirksstadträtin für Jugend, Schule und Sport in 21 erwartungsfrohe Kindergesichter und musste dann in manche elterliche Fotoapparate strahlen. Sie erwähnte in ihrer kurzen Eröffnungsrede das Schachdorf Ströbeck in Sachsen-Anhalt, wo Schach ein fester Bestandteil der Gemeinde ist, sowohl in der Lokalpolitik wie in der Schule. Soweit sind wir in der Bundeshauptstadt noch nicht, aber ohne es als ihr erstes Anliegen zu verstehen, haben die Schachschüler des Soldiner Kiez mit diesem Turnier Schach als kreatives und begeisterndes Denkterrain gezeigt. Viele haben im Laufe des Schuljahres Freunde und Verwandte mit ihrer Schachleidenschaft angesteckt, sich ein neues Brett gekauft und auch in der Freizeit viel gespielt.
Jetzt am großen Abschlusstag fand jeder seine spezielle Herangehensweise und jede Runde wurde frisch mit Verve angegangen. Und alle Gruppen hielten ihre Überraschungen parat.
Die Springer-Gruppe setzte sich aus Schülern zusammen, die entweder noch in der ersten oder zweiten Klassenstufe sind oder die erst im zweiten Halbjahr zur Schach-AG hinzukamen. Prognosen waren schwer zu machen, obgleich die etwas älteren Spieler mit einem Halbjahr Schachunterricht leicht in Vorteil sein sollten. Leider schafften es bei dieser Gruppe zwei Teilnehmer nicht, zum Turnier zu kommen. So fügte sich die Konstellation, dass drei Mädchen aus der Andersen Grundschule gegen drei Jungs aus der Carl Kraemer Grundschule um die drei Pokale kämpften. Und fast hätten die Jungs allein die Oberhand behalten.
Laura wartet auf Fehler des Gegners .... Foto: Michael Kuchinke-Hofer |
... und Celine genießt das Rampenlicht. Foto: Michael Kuchinke-Hofer |
Doch durch einen feinen Schlussspurt behielt Laura mit zwei Siegen gegen ihre Mitschülerinnen Selma und Jessica von der Mädchen-Schachgang der Andersen Grundschule die Oberhand. Die JÜL-Schülerin war dabei einfach etwas unbekümmerter, während Selma in einigen Partien bessere Stellungen durch Zeitnot nicht nutzte und Jessica immerhin den späteren Sieger Darko in eine Pattfalle lockte. Samir, der knapp Platz drei verpasste, spielte seinem Naturell entsprechend ruhig und schlug Material, wenn es denn im Weg stand.
Die beiden ersten Plätze waren in dieser Gruppe der Lohn für eine gute Lernentwicklung nach den Osterferien. Trung Hieu, genannt Jo, hatte zuvor im wöchentlichen Kurs fast immer mit der Zeiteinteilung Probleme, doch im Rampenlicht überlegte er seine Züge ganz genau und spielte mit überraschender Leichtigkeit. Nach einem fulminanten Start mit fünf Siegen unterlag er Darko, der dann nach dem Pattmissgeschick in der Schlussrunde gegen Jessica, durch den direkten Vergleich auf die bessere Feinwertung kam.
Selma fahndet nach guten Zügen.
Foto: Michael Kuchinke-Hofer
Darkos Schachhalbjahr ist rückblickend ein Mirakel. Anfangs mit Eifer dabei, schien er sich im April manchmal zu langweilen und provozierte Anfang Mai einen Verweis aus dem AG-Unterricht. Doch ein Gespräch zwischen seinem Erzieher und dem Schachlehrer sowie eine Entschuldigung bei einem Besuch in der Schachschule, die nahe seiner elterlichen Wohnung liegt, brachten eine erstaunliche Wende. Jederzeit bemüht sein Versprechen der Besserung einzulösen, war nicht nur seine Mitarbeit in der AG tadellos. Auch sein Einsatz am Schach-AG-Stand beim Tag der Grundschulen in Berlin-Mitte mit Begabten- und Hochbegabtenförderung wirkte engagiert und willig erklärte er den auswärtigen Gastschülern das Schachspiel und die AG-Gruppe. So erstaunte es nicht, dass seine Motivation bei diesem Abschlussturnier besonders hoch war. Aber nicht irgendwie egoistisch, sondern neben der eigenen Leistung mit dauernder Unterstützung für seinen Klassenkameraden Jo. Am Ende freuten sich beide über ihre Einzelpokale und darüber hinaus ihren gewaltigen Beitrag zum Gewinn des Schulpokals.
Schachlehrerin Swantje Munser bewältigte ihr Schiedsrichteramt bei der Springer-Gruppe mit gewohnter Übersicht und konnte zufrieden zur Kenntnis nehmen, was die Jüngsten in diesem Schuljahr bei ihr gelernt haben.
1. Darko Beganovic (Carl Krameer GS) |
6,0 Pk. (17,50) |
2. Trung Hieu Nguyen (Carl Kraemer GS) |
6,0 Pk. (14,50) |
3. Laura Koszarek (Andersen GS) |
4,5 Pk. (7,75) |
4. Samir Rasljanin (Carl Kraemer GS) |
4,5 Pk. (7,25) |
5. Selma Karabulut (Andersen GS) |
3,5 Pk. |
6. Jessica Stojkov (Andersen GS) |
2,5 Pk. |
7./8. Albert Konrad (Wilhelm Hauff GS) |
0,0 Pk. (kampflos) |
7./8. Philippa Bowyer (Wilhelm Hauff GS) |
0,0 Pk. (kampflos) |
Wie bereits angedeutet war die Mädchen-Gruppe nicht irgendwie ein Beiwerk zwecks Quotenförderung, sondern Ausdruck des Feuereifers, der entsteht, wenn Klassenkameradinnen und Freundinnen sich gegenseitig vorantreiben. Neun Mädchen hatte die reine Mädchen-Gruppe der Andersen Grundschule in diesem Schuljahr und für 2011-12 stehen die Nachrückerinnen bereits an, um die Gruppe auf zehn oder zwölf zu vergrößern. Leider fiel die wortwitzige Jasmin mit einer Erkältung im Nachgang des Karnevals der Kulturen aus.
Ceyda auf der Suche nach dem finalen Zug .... Foto: Michael Kuchinke-Hofer |
... und Melissa macht sich Sorgen um die Partie. Foto: Michael Kuchinke-Hofer |
So entwickelte sich ein Duell zwischen den Fock-Geschwistern, die bereits beim internen Turnier in der Andersen Grundschule vorneweg waren, und den besten Mädchen aus der Wilhelm Hauff Grundschule und der Carl Kraemer Grundschule. Während Sana und Amina durch ihre etwas größere Turnierpraxis bedingt konstant punkteten (sie waren im Januar mit den Schach-Mädchen der Andersen Schule zur Berliner Mannschaftsschnellschachmeisterschaft), lieferten sich Emina und Shari ein ganz knappes Rennen um Platz drei.
Während es bei Shari anfangs mit vier Siegen aus fünf Partien sehr gut lief, konnte sich Emina nach drei Punkten aus drei Partien in den Runden vier bis sechs sogar leisten, in der letzten Runde ein Patt gegen Melissa zu übersehen. Ein Viertel-Wertungspunkt mehr in der Fein-Wertung, dem Tie-Break bei Gleichstand, ist etwa wie 0,01 Sekunden schneller beim 100-Meter-Rennen. Letztlich war es verdient, denn Emina kam oft in gute Stellungen und spielte zum Schluss leicht zögerlich, wobei am Ende des Schuljahres das Patt ihr ärgster Widersacher zu sein schien. Dennoch reichte es für Emina zum kleinen Pokal und im kommenden Jahr kann auf dem jetzigen Wissen aufgebaut werden. Keine freut sich am Ende der Schulstunde so sehr, dass noch einige Minuten für eine weitere Blitzpartie übrig sind.
Während Melissa, Canay und Celine auf den Rängen fünf bis sieben einfach ihren Spaß beim Turnier hatten, war das Spiel von Sana und Amina stets auf Gewinnen ausgerichtet. Letztlich hatte die ältere der beiden Schwestern verdient das bessere Ende. Ihr Spiel zeigt bereits Ansätze von Spielverständnis wie es im zweiten und dritten Lehrjahr üblich ist. Ihre Züge kommen nicht als Einzelaktionen auf das Brett sondern sind in einigen Spielphasen durch ein durchdachtes Ineinandergreifen von strategischen Ideen charakterisiert.
Amina kämpft stets unverzagt weiter.
Foto: Michael Kuchinke-Hofer
Aminas zweiter Platz rührt wesentlich durch ihre Fähigkeit, in kritischen Situationen unverdrossen weiterzuspielen - bewusst oder unbewusst, auf jeden Fall mit dem Tick Unterschied, der diesmal den Silberrang einbrachte.
Schiedsrichter Ahmed Anibar vom Trainer-Team der Schachschule musste in dieser Damen-Gruppe keine Streitfälle lösen.
1. Sana Fock (Andersen GS) |
6,5 Pk. |
2. Amina Fock (Andersen GS) |
5,5 Pk. |
3. Emina Cviko (Wilhelm Hauff GS) |
4,5 Pk. (10,50) |
4. Shari Schröder (Carl Kraemer GS) |
4,5 Pk. (10,25) |
5. Melissa Lamer (Andersen GS) |
3,0 Pk. |
6. Canay Bingöl (Andersen GS) |
2,0 Pk. (3,25) |
7. Celine Kaiser (Carl Kraemer GS) |
2,0 Pk. (2,50) |
8. Jasmin Bah (Andersen GS) |
0,0 Pk. (kampflos) |
Die Königsgruppe kannte zwei Favoriten und die brachten an diesem schulfreien Tag auch die meiste Power mit. Am Ende kam es genau umgekehrt wie beim Ferienkurs im Oktober 2010; Edwin siegte im direkten Vergleich und leistete sich ansonsten nur ein Remis gegen Paul. Scheinbar beeindruckte Edwins zumeist locker zur Schau gestellte Lässigkeit mehr wie Emres Siegeswillen, der wohlwollend von seinem Vater verfolgt wurde, seines Zeichens engagiertes Mitglied im Quartiersrat. Und obwohl jeder den größten Pokal und viele Punkte für seine Grundschule einheimsen wollte, blieb alles gelassen und die Kinder aus verschiedenen Grundschulen tauschten einträchtig unter den Augen der Erwachsenen Betrachtungen zu den Partien aus. In der Rundenpause der zweiten Turnierhälfte setzten sich die Kinder sogar mit Klaus-Dieter Lamprecht, dem kiebitzenden Direktor der Andersen Grundschule, am Brett zusammen.
Edwin führt etwas im Schilde .... Foto: Michael Kuchine-Hofer
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... und Emre versucht herauszufinden was. Foto: Michael Kuchinke-Hofer |
Hinter den beiden unaufhaltsamen Spitzenreitern war im Kampf um Bronze eigentlich alles möglich. Nur Hilal und Burukti übersahen an diesem Tag etliche Gewinnmöglichkeiten oder kamen auf der Schachuhr in Bedrängnis. Zuspruch von Großmutter bzw. Mutter sowie Trost der ehemaligen Jugendweltmeisterin Elisabeth Pähtz trugen auch sie durch die sieben Runden. Von den vier Kandidaten auf Rang drei hatte ausgerechnet der das beste Ende, der am wenigsten auf die Tabelle schielte und jede Partie Schritt für Schritt nahm. Bevor Paul zu Schuljahresmitte in die Gruppe von Elisabeth kam, hatte er bereits aus dem Familienkreis Grundkenntnisse.
Nach einer Zeitüberschreitung Trost von der zweifachen Jugendweltmeisterin.
Elisabeth steht ihrer Schülerin Hilal bei.
Foto: Michael Kuchinke-Hofer
Heuer war sein Spiel in den direkten Vergleichen mit Ceyda, Le und Baris einfach etwas weniger hektisch. Eigentlich hätte jeder von den anderen ebenso vier statt jeweils drei Punkte bilanzieren können, denn dazu hätte nur eine Partie im direkten Vergleich anders ausgehen müssen. Aber den anderen drei spielte vielleicht die pure Freude am Dabeisein einen Streich und einzelne Momente der Unaufmerksamkeit sind bei nur sieben Runden bisweilen der kleine Unterschied. Ceyda wird ihrem Sportlehrer sicher berichten, warum an diesem Donnerstag Schach doch besser als die Teilnahme am Sportfest war, Le wird wie immer quirlig seine Episoden erzählen, während Baris ohnehin Vater und Mutter an seiner Seite hatte und auch seinen kleinen Bruder, der kommendes Schuljahr eingeschult wird, zum Schach motivieren wird. Sein türkisch-stämmiger Vater ist Vorsitzender des Fördervereins an der Andersen Grundschule und bestaunte interessiert den Umgang der Kinder bei diesem friedlichen Wettstreit.
Baris in Schachgedanken vertieft.
Foto: Michael Kuchinke-Hofer
Schiedsrichterin Elisabeth Pähtz, immerhin die beste deutsche Schachspielerin aller Zeit, gab in der Königs-Gruppe zwar manchen kritischen Hinweis, wo Chancen auf dem Brett verpasst wurden, aber sie hatte auch Ratschläge zum besseren Spiel parat und musste zwischendurch natürlich von ihren letzten internationalen Schacheinsätzen in der türkischen Schachliga berichten.
1. Edwin Adam (Carl Kraemer GS) |
6,5 Pk. |
2. Emre Ates (Andersen GS) |
6,0 Pk. |
3. Paul Windt (Wilhelm Hauff GS) |
4,0 Pk. |
4. Ceyda Korkut (Wilhelm Hauff GS) |
3,0 Pk. (7,00) |
5. Le Tuan-Minh (Wilhelm Hauff GS) |
3,0 Pk. (6,50) |
6. Baris Bollmann (Andersen GS) |
3,0 Pk. (5,50) |
7. Burukti Klußmann (Wilhelm Hauff GS) |
1,5 Pk. |
8. Hilal Akcam (Carl Kraemer GS) |
1,0 Pk. |
Nach so vielen Einzelergebnissen interessierte die Kids natürlich auch, wohin der größte Pokal wanderte. Wie die Tabelle zeigt, war es eine hauchdünne Entscheidung und der Sieg wurde von der Carl Kraemer Gruppe mit großem Jubel gefeiert. Es wurden jeweils die vier punktbesten Schüler je Schule in die Wertung einbezogen.
1. Carl Kraemer Grundschule 23,0 Pk. |
2. Andersen Grundschule 22,5 Pk. |
3. Wilhelm Hauff Grundschule 14,5 Pk. |
Betrachtet man die Anzahl der Pokale, so hatte die Andersen Grundschule etwas mehr Metall eingeheimst und Bezirksbürgermeister Dr. Christian Hanke etwas häufiger die Hände geschüttelt.
1. Andersen Grundschule 4 Pokale (1 Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze) |
2. Carl Kraemer Grundschule 3 Pokale (2 x Gold, 1 x Silber) |
3. Wilhelm Hauff Grundschule 2 Pokale (2 x Bronze) |
Genau zum richtigen Zeitpunkt erschien um 13.30 Uhr der Bezirksbürgermeister in der Nachbarschaftsetage, wo er just einen Monat zuvor bei der Quartierswerkstatt zum Stadtteilmarketing resümierte: „Man merkt, dass sich der Soldiner Kiez in den letzten fünf bis zehn Jahren stark entwickelt hat. Ich habe ein neues Bild vom Kiez bekommen und könnte mir vorstellen, auch hier zu leben!“ Da war die „neue Generation der Schach-Kids im Soldiner Kiez“ sicher noch nicht auf seinem Wahrnehmungsradar.
So bestaunten die Schachschüler erst mal den hochgewachsenen Bürgermeister und waren begeistert, dass er nur ihretwegen gekommen war. Später gelang es einigen Schülern sogar so eifrig über ihr Schachkönnen zu berichten, dass Hanke sich für einige Minuten zu einer Partie mit Uhr überreden ließ. Die friedliche Kinder-Koalition gegen Bezirksoberhaupt war dann auch ein passendes Motiv für die Fotografen. Irgendwie sinnbildlich, denn Schach ist generationsübergreifend und Kinder erfahren hier eine gleichberechtigte Aufmerksamkeit.
Nach dem Gewinn des Schulschach-Mannschaftspokals forderten
die Schüler der Carl Kraemer GS den Bezirksbürgermeister heraus.
Foto: Michael Kuchinke-Hofer
Unter großem Applaus wanderte mit anerkennenden Worten des Bezirksbürgermeisters garniert ein Pokal nach dem anderen vom Turnierleiter-Tisch in Kinderhände und erregte neugierige Blicke der Mitschüler und begleitender Erwachsener. Ein emotionsreicher Anfang für mehr Schach-Aktivitäten im Soldiner Kiez ist gemacht.
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